Wir sind Kirche

Als junger Student hatte ich 1995 noch Unterschriften für das Kirchenvolksbegehren gesammelt und die Aktion im Pfarrbrief meiner Heimatgemeinde verteidigt:

Jetzt habe ich einen Hauptvortrag auf dem Jubiläum am 8. November 2025 in Nürnberg gehalten – und durfte auch ein paar Sätze in die ARD-Kamera sagen:

Es war mir eine Ehre, nicht nur in der Tagesschau, sondern auch beim Jubiläum selbst dabeizusein. Diese Menschen haben jede Menge Würdigung verdient. Denn auch wenn die Bewegung schon ein wenig in die Jahre gekommen ist, so bleiben ihre Anliegen doch weiterhin höchst aktuell.

Damals hatte noch eine Mehrzahl der deutschen Diözesen verboten, in kirchlichen Räumen Unterschriften für das Kirchenvolksbegehren zu sammeln. Heute – eine Missbrauchskrise später – sind dessen Forderungen längst Bestandteil des Synodalen Weges.

Wer hätte 1995 gedacht, dass der Vorsitzende der dt. Bischofskonferenz der Bewegung offiziell gratuliert oder dass ihre Vertreter:innen zum Treffen der Synodalakteur:innen nach Rom eingeladen werden. Die Aktivist:innen können zufrieden zurück und nicht ganz ohne Hoffnung vorausblicken. Inzwischen berichtet nicht nur die Tagesschau über sie, sondern auch die Bamberger Bistumszeitung „Heinrichsblatt“…

Meinen Vortrag habe ich mit Willy Brandts berühmter Regierungserklärung von 1969 beendet:

„Wir stehen nicht am Ende unserer Demokratie, wir fangen erst richtig an. Wir wollen ein Volk der guten Nachbarn sein im Inneren und nach außen. […] Wir [als Regierende] haben so wenig Bedarf an blinder Zustimmung, wie unser Volk Bedarf hat an gespreizter Würde und hoheitsvoller Distanz. Wir […] brauchen Menschen, die kritisch mitdenken, mitentscheiden und mitverantworten. Das Selbstbewusstsein dieser Regierung wird sich als Toleranz zu erkennen geben. Sie wird daher auch jene Solidarität zu schätzen wissen, die sich in Kritik äußert.“

Und weiter:

„Unser Volk braucht wie jedes andere ihre innere Ordnung. In den 70er Jahren werden wir aber in diesem Lande nur so viel Ordnung haben, wie wir an Mitverantwortung ermutigen. Solche demokratische Ordnung braucht außerordentliche Geduld im Zuhören und außerordentliche Anstrengung, sich gegenseitig zu verstehen. Wir wollen mehr Demokratie wagen.“

Diese starken Sätze von Kanzler Willy Brandt bleiben auch dann noch richtig, wenn man mit Blick auf WIR SIND KIRCHE einige Worte austauscht:

„Wir stehen nicht am Ende unserer SYNODALITÄT, wir fangen erst richtig an. Wir wollen eine KIRCHE der guten Nachbarn sein im Inneren und nach außen. […] Wir [als BISCHÖFE] haben so wenig Bedarf an blinder Zustimmung, wie unser Volk Bedarf hat an gespreizter Würde und hoheitsvoller Distanz. Wir […] brauchen Menschen, die kritisch mitdenken, mitentscheiden und mitverantworten. Das Selbstbewusstsein dieser BISCHOFSKONFERENZ wird sich als Toleranz zu erkennen geben. Sie wird daher auch jene Solidarität zu schätzen wissen, die sich in Kritik äußert.“

Und weiter:

„Unsere KIRCHE braucht wie jede andere ihre innere Ordnung. In den 2020ER JAHREN werden wir aber in dieser KIRCHE nur so viel Ordnung haben, wie wir an Mitverantwortung ermutigen. Solche SYNODALE Ordnung braucht außerordentliche Geduld im Zuhören und außerordentliche Anstrengung, sich gegenseitig zu verstehen. Wir wollen mehr SYNODALITÄT wagen.“

Norbert Mette hätte in den 1990er Jahren vermutlich jeden Pastoraltheologie-Lehrstuhl haben können – wenn das jedoch aufgrund seiner Nähe zu kirchlichen Reformgruppen nicht gleich mehrere Bischöfe das verhindert hätten.